Falter 38/05: Alle waren schwarz – Teil II.
Sechs Jahre nach der “Operation Spring” wirft ein Dokumentarfilm die Frage auf, ob vermeintliche afrikanische Drogendealer faire Verfahren hatten. Amnesty international fordert nun die sofortige Aufhebung Hunderter Gerichtsurteile. Der Dokumentarfilm be-
schäftigt sich mit der “Operation Spring”, dem ersten großen Lauschangriff in Österreich. Ein Bericht von Nina Horaczek in der Wiener Stadtzeitung Falter.“In einer minutiös geplanten, österreichweiten Aktion gelang es den Sicherheitsbehörden, einen international agierenden Drogenring zu zerschlagen”, verkündete der damalige Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) im Frühjahr 1999 anlässlich der Verhaftung von über hundert Afrikanern. Für die Polizei ein perfektes Timing, war sie doch erst kurz zuvor durch den Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma in Bedrängnis geraten. “Wir haben zwar vermutet, dass die Operation Spring vom menschenrechtlichen Standpunkt nicht ganz in Ordnung war, aber dass dermaßen systematisch und rechtsstaatverletzend vorgegangen wurde, wird einem erst klar, wenn man diesen Film gesehen hat”, sagt amnesty-General-
sekretär Patzelt heute.Bleibt die Frage nach dem Warum. Wieso wurden so schwerwiegende Mängel im Beweis-
verfahren von Polizei und Justiz über Jahre hindurch schlichtweg ignoriert? “Das Interesse der Polizei wird in diesem Film offensichtlich: Je stärker sich Personen aus der African Community im Protest gegen die Ermordung von Marcus Omofuma und rassistische Poli-
zeigewalt engagierten, desto höher wurden sie auch von den Kriminalisten im vermeint-
lichen nigerianischen Drogennetzwerk eingestuft”, sagt SOS-Mitmensch-Sprecher Philipp Sonderegger.“Es war der erste große Lauschangriff, es lief noch die Probephase, es wurde extrem viel Geld dafür ausgegeben, und das Gesetz war im Parlament heftig umstritten. Da gab es natürlich einen sehr hohen Erfolgsdruck für die Polizei”, meint Rechtsanwalt Mag. Josef Phillip Bischof. Gleichzeitig müsste laut Bischof jeder damit befasste Polizeibeamte bald gesehen haben, dass nicht viel Brauchbares herausgekommen ist. “Trotzdem brauchte die Polizei dringend einen Erfolg”, meint Anwalt Mag. Josef Phillip Bischof, “und auf der anderen Seite stand eine Justiz, die überfordert war und meines Erachtens viel zu wenig hinterfragte.”